Das Fragment einer Widerhakenspitze oder Harpune aus Knochen oder Geweih mit einer Länge von 4,9cm. (Foto: LWL-AfW Olpe/Petra Fleischer)

Spektakuläre Neuentdeckungen in der Blätterhöhle zum 20-jährigen Jubiläum

23. Oktober 2024 – Auch 20 Jahre nach ihrer Entdeckung als wichtige archäologische Fundstätte liefert die Blätterhöhle in Hagen-Holthausen neue spektakuläre und überraschende Funde. Die archäologischen Ausgrabungen in diesem Sommer fanden von August bis in den Oktober hinein statt und betrafen alle steinzeitlichen Fundschichten – von der späten Alt- bis zur Jungsteinzeit.


„Insgesamt war die diesjährige Grabungskampagne sehr erfolgreich und unterstreicht nochmals die außergewöhnliche, überregionale Bedeutung des Fundplatzes für die Wissenschaft“, betont Grabungsleiter Wolfgang Heuschen von der Stadtarchäologie Hagen.


Feuerstelle der letzten Jäger und Sammler

Eine bereits im Jahr 2022 angeschnittene Feuerstelle aus der späten Phase der Mittelsteinzeit wurde im Zuge der Untersuchungen vollständig freigelegt. Die rund 70 Zentimeter messende Feuerstelle wurde in einen Ring von Kalksteinen eingefasst, die zum Teil deutliche Spuren von Hitzeeinwirkungen aufweisen. Die 14C-Datierungen von zwei Holzkohlen ergaben für die Feuerstelle ein Alter um 6.500 und 7.000 vor Christus und datieren diese somit in die Zeit der letzten Jäger und Sammler. Ein solcher Befund ist bislang einzigartig an der Blätterhöhle.


An dem Fundplatz wurden dieses Jahr erneut tiefer gelegene Fundschichten wie der außergewöhnliche Fundhorizont vom Ende der letzten Eiszeit, der späten Altsteinzeit, weiter untersucht. Dort fanden sich am Rande eines vermutlichen Feuerstellenbereiches neben Holzkohlen, Tierknochen und Abfällen der Steingeräteherstellung erneut drei gut erhaltene und für diese Zeit in Westfalen ungewöhnliche Pfeilspitzen aus Feuerstein. „Diese drei Pfeilspitzen sind toll“, freut sich Prof. Dr. Michael Baales von der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen Ruhr und der Universität Bochum. „Sie ergänzen die bisherige Serie dieses außergewöhnlichen Fundinventars vom Ende der letzten Eiszeit – das ist überregional einmalig.“ Aus diesem Fundhorizont stammen auch die im vergangenen Jahr vorgestellten ältesten Reste des modernen Menschen in Westfalen.


Die diesjährigen Fundobjekte kamen in einem ungewöhnlich dunklen Sediment zutage, das bereits im Jahr 2023 angegraben wurde. Dort lagen drei aufgespaltene ortsfremde Gerölle zusammen, die in diesem Jahr auf einer kleinen Fläche von 60 mal 30 Zentimeter durch weitere Stücke erheblich ergänzt werden konnten. Dieser besondere Befund ist noch nicht vollständig untersucht, sodass auch eine abschließende Deutung noch aussteht.


Ein überraschender Neufund

Außerdem entdeckten die Beteiligten bei der diesjährigen Kampagne erstmals ein Artefakt aus Knochen oder Geweih vor der Blätterhöhle: Ein 4,9 Zentimeter langes Spitzenfragment einer Widerhakenspitze oder Harpune mit zwei erhaltenen Widerhaken. Auch diese sogenannte „einreihige Widerhakenspitze“ ist für Westfalen und darüber hinaus ein außergewöhnlicher Fund. Das Alter ist derzeit noch nicht sicher bestimmbar. Harpunen ganz ähnlichen Typs sind jedoch vom Ende der Altsteinzeit bekannt und würden gut zu dem späteiszeitlichen Fundhorizont vom Vorplatz der Blätterhöhle passen. Allerdings lag sie deutlich oberhalb einer jüngeren Fundschicht. Möglicherweise haben Tiere sie dorthin verlagert. Zur Klärung sind noch weitere Arbeiten notwendig.


Die Grabungen waren ein gemeinsames Projekt von Mirjam Kötter und Wolfgang Heuschen aus der Stadtarchäologie Hagen, Prof. Dr. Michael Baales von der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen und der Ruhr-Universität Bochum, Prof. Dr. Andreas Maier von der Universität zu Köln sowie Prof. Dr. Jörg Orschiedt von der Freien Universität Berlin. Unter der Leitung des Archäologen Wolfgang Heuschen gruben insgesamt 21 Studierende der Ruhr-Universität Bochum, der Universität zu Köln und der Universität Bonn sowie Mitarbeitende der LWL-Außenstelle Olpe in den steinzeitlichen Schichten an und in der Blätterhöhle.


Unsichere Aussichten für künftige Ausgrabungen

Nicht nur wegen der spektakulären Funde, sondern auch aufgrund ihrer langen Forschungsgeschichte ist die Blätterhöhle nach wie vor ein archäologischer Höhepunkt in Westfalen. „Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Entdeckung durch den Arbeitskreis Kluterthöhle e. V. im Jahr 2004 ist aktuell ein Buch in Vorbereitung, das die Geschichte und Geschichten rund um die Blätterhöhle für interessierte Leserinnen und Leser erlebbar machen soll“, teilt Mirjam Kötter mit.


Ob oder wie es mit den Grabungen an der Blätterhöhle weitergehen kann, ist noch ungewiss. Ab 2025 stehen der Bodendenkmalpflege in Nordrhein-Westfalen deutlich weniger Finanzmittel zur Verfügung. Ein Antrag bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) durch Prof. Andreas Maier befindet sich noch in der Prüfung. Sollte dieser Antrag unterstützt werden, besteht die Chance, das Projekt Blätterhöhle für weitere Jahre zu finanzieren. Eine Zu- oder Absage ist erst im Frühjahr nächsten Jahres zu erwarten.


20 Jahre Archäologiemuseum Hagen – Wasserschloss Werdringen

Darüber hinaus steht in Hagen ein weiteres Jubiläum bevor: Das Archäologiemuseum Hagen – Wasserschloss Werdringen wird in diesem Jahr ebenfalls 20 Jahre alt. Am 7. November 2004 wurde das kleine Museum in der ehemaligen Remise des Wasserschlosses eröffnet. Zu diesem Anlass findet am Sonntag, 17. November, eine Jubiläumsveranstaltung mit Vorträgen und einem Kinderprogramm statt. Weitere Informationen werden in Kürze bekanntgegeben.